Aktivitäten - 2001Vogelspinnen-Bestimmungskurs in Saarbrücken am 10.11.2001 - aus der Sicht einer Teilnehmerinvon Astrid Hilbert Nach dem Kurs über Geschlechtsbestimmung im August letzten Jahres war diesmal die Artbestimmung von Vogelspinnen das Thema der Veranstaltung. Der Kurs fand erneut in der Universität für Umweltforschung zu Dudweiler statt. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Herrn Dr. Schreiber, der nicht nur die Nutzung der Räumlichkeiten und Geräte ermöglichte, sondern alle auch mit Kaffee versorgte (und für mich als Nicht-Kaffeetrinkerin sogar noch einen Teebeutel in der Uni ausfindig machte). Beginn des Seminars war für 9.00 Uhr vorgesehen, leider verspätete ich mich aufgrund eines Motorschadens des Zuges um mehr als 15 Minuten; Glücklicherweise warteten alle auf mein Eintreffen, so dass ich nichts verpasste. Sechs Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands und zwei davon sogar aus Luxemburg hatten den Weg nach Saarbrücken gefunden - und alle waren gespannt, was uns an diesem Tag erwarten würde. Die ersten Fragen prasselten schon auf Friedhelm nieder, bevor wir richtig begonnen hatten. Dann starteten wir mit dem ersten Teil des Kurses: dem theoretischen Teil. Geleitet wurde das Seminar von Friedhelm Piepho, unserem Vorsitzenden und Volker von Wirth, dessen Name wohl jedem geläufig ist. Als Experte für asiatische Vogelspinnen stammt nicht nur der GU-Tier-Ratgeber "Vogelspinnen" aus seiner Feder, sondern auch zahlreiche weitere Publikationen im Bereich der Vogelspinnensystematik. In der Theorie ging es darum, erst einmal festzulegen, wie man bei der Artbestimmung einer Vogelspinne am besten vorgeht. Was muss beachtet werden? Welchen Weg schlägt man ein? Als Grundlage diente der Bestimmungsschlüssel aus dem Buch "Vogelspinnen" von Dr. Günter Schmidt (Landbuch-Verlag). Wichtig zur Bestimmung ist die Bewertung der Merkmale durch die in der phylogenetischen Systematik angewendeten Homologiekriterien. Das bedeutet: wir bewerten die Merkmale nach deren Brauchbarkeit und Wichtigkeit. Einige Merkmale können durch ihren relativ komplizierten Aufbau und ihrer Lage besonders wichtig oder aussagekräftig sein, einfacher strukturierte Merkmale werden wiederum weniger stark bewertet (z.B. Färbung). Merkmale wie z.B. Scopula, Stridulationsorgane u.v.m. müssen miteinander verglichen werden, um beispielsweise festzustellen, ob ihre Struktur und ihre Lage im Organismus konstant oder variabel ist. Ein konstantes Merkmal wird logischerweise höher bewertet werden als ein variables. Bei einer sinnmachenden Erstbestimmung ist es also notwendig, mindestens 8-10 Exemplare jeden Geschlechtes von der zu bestimmenden Art zu untersuchen, um ein verwertbares Ergebnis zu erreichen. Sinnvoll ist es auch, neben modernen Methoden der phylogenetischen Systematik bzw. Kladismus auch andere Gegebenheiten mit einzubeziehen, wie z.B. Evolutionsentwicklung, populationsgenetische Untersuchungen und Biogeografie. Fazit für mich aus dem theoretischen Teil: Es ist nicht gerade leicht, die vielen Merkmale unter einen Hut zu bringen und zu entscheiden, welche Merkmale wichtig sind und welche eher vernachlässigt werden können. Dieses Wissen kommt wohl erst mit der Praxis. Apropos Praxis: bevor wir zu dieser kamen, ging es erstmal in ein griechisches Restaurant zum Mittagessen. Hier wurde nicht nur lecker gespeist, sondern auch angeregt diskutiert. Danach ging es zurück an die Universität, wo Dr. Schreiber uns noch die umfangreiche Schmetterlingssammlung zeigte sowie einige Einblicke in die Lebensweise der farbigen Falter aus aller Welt gab. Dann ging es an die Binokulare. Volker verteilte mitgebrachte Exuvien an alle Teilnehmer und anhand des Bestimmungsschlüssels von Dr. Schmidt gingen wir ans Werk. Zuerst wurde geprüft, ob es sich überhaupt um ein Exemplar aus der Familie Theraphosidae (=Vogelspinnen) handelt. Hierzu wurden zuerst die Tarsen und Spinnwarzen der Exuvie untersucht. Treffen u.a. Merkmale wie "Scopula an allen 7 Tarsen deutlich" und "4 Spinnwarzen" zu, handelt es sich um eine Vogelspinne (natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Merkmale, die zu beachten sind, die hier aber nicht alle genannt werden). Dies traf bei allen Teilnehmern zu - bis auf eine Ausnahme, hier handelte es sich um eine Atrax-Art (Vorkommen: Australien), die nicht zur Familie der Theraphosidae gehört. Nachdem die Familie festgestellt wurde, ging es anhand des Bestimmungsschlüssels weiter, um die Unterfamilie (z.B. Aviculariinae, Selenocosmiinae ...) und die Gattung (z.B. Selenocosmiinae: Chilobrachys, Selenocosmia, ...) zu bestimmen. Hier wurden u.a. Merkmale wie vorhandene Scopula an den Chelizeren, Form und Sitz der Stridulationsorgane, Spermatheken und Form/Größe der Thoraxgrube untersucht. Alle Merkmale und Untersuchungen können hier natürlich nicht wiedergegeben werden, das würde zu weit führen und sicher den Umfang der DeArGe-Mitteilung sprengen. Wer näheres erfahren möchte und das Buch von Dr. Schmidt besitzt, kann sich die Methode des Bestimmungsschlüssel dort ansehen. Oder noch besser: am nächsten Bestimmungskurs der DeArGe teilnehmen! Dank der tatkräftigen Unterstützung von Friedhelm und Volker, die immer dann zur Stelle waren, wenn Fragen auftauchten, man unsicher war oder einfach "feststeckte", hatte jeder am Ende des Tages "seine" Vogelspinne erfolgreich bestimmt. Also ein durchweg interessanter und lehrreicher Kurs, der sicher allen Teilnehmern viel Freude bereitet hat. Volker und Friedhelm sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt - für die perfekte Organisation und Durchführung - aber auch für deren Geduld! Ich hoffe, die DeArGe wird noch weitere Kurse dieser Art anbieten - ich bin auf jeden Fall wieder dabei! Quelle: Hilbert, A. (2002): Bestimmungskurs in Saarbrücken am 10.11.01 aus der Sicht einer Teilnehmerin. DeArGe Mitteilungen 7(2): 5-8. |
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